Seit der Zulassung von medizinischem Cannabis als Medikament, beschäftigen sich immer mehr Menschen mit der Arzneipflanze. In Deutschland ist die Legalisierung von Cannabis zu nichtmedizinischen Zwecken zum 01. April 2024 in ihre erste Phase gestartet. Doch abgesehen von den rechtlichen Auswirkungen stellt sich für viele Menschen auch die Frage nach den gesundheitlichen Risiken.
Rechtliche Grundlage: So war es bisher
Cannabis war bisher im Rahmen einer ärztlich begleiteten Therapie als verschreibungs- und betäubungsmittelpflichtiges Medikament verfügbar. Bisher war in Deutschland der Privatbesitz von Cannabis verboten und durch das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) geregelt. Während der Besitz kleiner Mengen für den persönlichen Gebrauch in einigen Bundesländern eine Ordnungswidrigkeit darstellte, konnte bisher sowohl der Verkauf als auch der Anbau zu erheblichen strafrechtlichen Folgen führen.
Dieses strenge Verbot bringt eine Reihe von Problemen mit sich, darunter die Kriminalisierung der Besitzer von Cannabis für den Eigengebrauch und die qualitativ unkontrollierten Produkte auf dem Schwarzmarkt.
Das Jahr 2024 bringt eine gesetzliche Änderung mit sich
Cannabis für den nicht-medizinischen Gebrauch und auch teilweise der Eigenanbau soll noch in diesem Jahr umgesetzt werden.
Da es in Deutschland aufgrund der bisherigen Gesetzeslage keine legalen Bezugsquellen für Cannabis zu nicht-medizinischen Zwecken gab, kamen Anwender nicht umhin, sich an den illegalen Markt zu wenden oder Cannabis im Ausland zu erwerben und zu konsumieren.
Der dadurch entstandene Schwarzmarkt bringt Risiken wie Verunreinigungen, Schimmel, unbekannte THC-Gehalte und das Fehlen von CBD mit sich. Besonders bedenklich ist, dass viele illegale Cannabisprodukte sogenannte „Skunk“-Sorten sind, die aufgrund ihres hohen THC-Gehalts negative Nebenwirkungen hervorrufen können, ohne dass der Anwender auf Informationen zu Stamm oder Terpenen zurückgreifen kann.
Freiverkäufliche Cannabisprodukte mit CBD
Spricht man von Cannabis, sind meist die getrockneten Blüten oder hieraus hergestellte Produkte, wie Öle oder Extrakte gemeint. Die beiden bekanntesten Inhaltsstoffe im Cannabis sind Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD).
Cannabidiol-haltige Produkte wie Cremes, aber auch niedrig dosierte Tropfen oder Bonbons zum Einnehmen sind bereits seit mehreren Jahren als Kosmetika beziehungsweise Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Reines CBD unterlag auch bisher nicht dem Betäubungsmittelgesetz und ist verkehrsfähig solange dieses aus einem zertifizierten europäischen Saatgut (Nutzhanf) stammt und der THC-Gehalt die Grenze von 0.3% nicht überschreitet (Quelle: BfArm).
Was unterscheidet den nichtmedizinischen Cannabiskonsum vom medizinischen Cannabiskonsum?
Der nichtmedizinische Cannabiskonsum unterscheidet sich in mehreren wesentlichen Punkten vom medizinischen Gebrauch. Während medizinisches Cannabis strengen Qualitätskontrollen unterliegt und auf Rezept von einem Arzt für spezifische Gesundheitsbeschwerden wie chronische Schmerzen, Epilepsie oder zur Linderung von Nebenwirkungen der Chemotherapie verschrieben wird, erfolgt der nichtmedizinische Konsum häufig ohne jegliche medizinische Überwachung oder klare Dosierungsanweisungen.
Nichtmedizinischer Gebrauch bezieht sich meist auf die Freizeitnutzung, bei der die psychotropen Effekte von Cannabis im Vordergrund stehen und nicht die Linderung bestimmter gesundheitlicher Beschwerden. Dies birgt ein höheres Risiko für Missbrauch und die Entwicklung von Abhängigkeiten, da die Konsumenten oft weder die genaue Zusammensetzung noch die Stärke des konsumierten Produkts kennen. Daher ist es essentiell, sich über die Unterschiede zwischen medizinischem und nichtmedizinischem Konsum bewusst zu sein und bei gesundheitlichen Problemen stets den Rat eines Arztes einzuholen.
Für medizinische Zwecke wird Cannabis häufig in Form von Ölen, Kapseln, getrocknete Blüten zur Vaporisation oder Teezubereitung verabreicht, während es für den nichtmedizinischen Gebrauch meist in Form von getrockneten Blüten konsumiert wird. Diese Unterschiede können sich auf die Wirkung und Dosierung auswirken.
Auch die Art und Weise der Anwendung kann variieren, da medizinisches Cannabis oft unter ärztlicher Anleitung inhaliert oder oral eingenommen wird, während beim Freizeitkonsum häufig Joints (eine Kombination aus Tabak und Cannabis) geraucht werden.
Wie gefährlich ist Cannabis?
Die Diskussion über die Unbedenklichkeit von Cannabis in der nicht-medizinischen Anwendung ist insbesondere im Rahmen der Legalisierungsvorhaben der Bundesregierung stark angeregt worden.
Insbesondere Überlegungen zur Altersgrenze, ab wann nicht-medizinsches Cannabis verwendet werden darf, warf Fragen in Hinblick auf den Einfluss bei Heranwachsenden auf: Einer der Hauptgedanken ist, dass THC und CBD schädlich für das Gehirn von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sein können. In einem der folgenden Abschnitte gehen wir weiter auf die Risiken bei Jugendlichen ein.
Ist CBD schädlich?
CBD ist für die meisten Patienten unbedenklich. Die Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen oder Leberschäden steigt bei zu hohen Dosierungen.
Gründe für Cannabiskonsum außerhalb einer medizinischen Therapie
Menschen konsumieren aus verschiedenen Gründen Cannabis. Ein Hauptmotiv ist oft die Suche nach Entspannung und dem Wunsch, dem Alltagsstress zu entfliehen. Cannabis wird von vielen als Mittel gesehen, um einen entspannteren Zustand zu erreichen und psychischen Druck abzubauen. Darüber hinaus nutzen einige es zur Förderung der Kreativität und zur Vertiefung sozialer Verbindungen, da es als ein Weg gesehen wird, Gespräche zu beleben und gemeinsame Erlebnisse zu intensivieren. Cannabis wird oft auch aus Neugierde oder dem Wunsch nach sozialer Zugehörigkeit konsumiert.
Trotz der verschiedenen Beweggründe bleibt es wichtig, den Konsum verantwortungsvoll zu gestalten und die gesundheitlichen, sozialen sowie rechtlichen Implikationen zu bedenken.
Gründe für den Cannabiskonsum bei Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren laut einer Umfrage aus dem USA:
- Genuss und Spaß, Experimentierfreude
- Soziale Zugehörigkeit, Konformismus
- Langeweile
- Entspannung
- Bewusstseinsverändernde Wirkung
- Bewältigung schwieriger Lebensumstände, Ängste
Allerdings ist der Konsum von Cannabis auch mit Risiken verbunden, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene. Während sich das Gehirn noch in der Entwicklung befindet, kann regelmäßiger Cannabiskonsum zu Beeinträchtigungen der kognitiven Fähigkeiten und des Gedächtnisses führen. Auch die Abhängigkeitsentwicklung ist in dieser Altersgruppe höher. Daher ist es wichtig, das Thema Cannabis auch im Bildungsbereich anzusprechen und aufzuklären, um junge Menschen zu einem verantwortungsvollen Umgang zu bewegen.
Welche Gesundheitsrisiken sind mit dem nichtmedizinischen Cannabiskonsum verbunden?
Kurzfristige Auswirkungen:
Kognitive Beeinträchtigungen
Laut verschiedenen Studien kann der Konsum von Cannabis, insbesondere in hohen Dosen oder bei regelmäßiger Nutzung, zu einer Beeinträchtigung kognitiver Funktionen führen. Dabei können Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Entscheidungsfähigkeit negativ beeinflusst werden.
Reaktionsfähigkeit
Durch die entspannenden Effekte der in Cannabis enthaltenen Inhaltsstoffe kann die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt werden.
Langzeitwirkungen:
Atemwegsprobleme
Das Rauchen von Cannabis kann zudem zu ähnlichen Atemwegsproblemen führen wie das Rauchen von Tabak, einschließlich chronischer Bronchitis und einem erhöhten Risiko für Lungeninfektionen. Insbesondere wenn das Cannabis mit Tabak gemischt wird, liegt der Vergleich mit herkömmlichen Zigarettenrauchen nahe. Tabak ist nachweislich krebserregend und kann weitere gesundheitliche Folgen haben, die nicht nur die Atemwege betreffen (Wang et al.)
Suchtgefahr
Die Gefahr der Abhängigkeit ist bei nichtmedizinischen Konsum von Cannabis im Vergleich zum medizinischen Gebrauch potentiell höher. Der Hauptgrund liegt in der fehlenden medizinischen Überwachung und der Selbstmedikation ohne Kenntnis der exakten Dosierung und Zusammensetzung des konsumierten Produkts.
Medizinisches Cannabis wird unter strengen medizinischen Auflagen und in genau definierten Dosierungen eingesetzt. Der behandelnde Arzt verfolgt hier immer das Ziel, das Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung so weit wie möglich zu minimieren.
Beim nichtmedizinischen Gebrauch hingegen ist die Dosierung oft willkürlich und orientiert sich in der Regel an den gewünschten psychoaktiven Effekten, was schnell zu einer Toleranzentwicklung und folglich zu höherem Konsum führen kann.
Dies erhöht das Risiko für psychische und physische Abhängigkeit erheblich. Daher ist es wichtig, den eigenen Konsum von nicht-medizinischem Cannabis kritisch zu hinterfragen und sich gegebenenfalls von einem Arzt zu Dosierung und Anwendungsdauer beraten zu lassen.
Psychosen
Insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, deren Gehirn sich noch in der Entwicklung befindet, besteht das Risiko für psychotische Episoden. Der Konsum hochpotenter Cannabisprodukte scheint dieses Risiko zu erhöhen.
Sind Jugendliche und schwangere Frauen einem höheren Risiko durch nichtmedizinischen Cannabiskonsum ausgesetzt?
Cannabis und schwangere Frauen
Nicht-medizinisches Cannabis während der Schwangerschaft kann ein erhöhtes Risiko für eine mütterliche Anämie, Frühgeburt, niedrigeres Geburtsgewicht und häufigere neonatale Intensivversorgung sein (Quelle: CaSCH-T1). In den in der Studie ausgewerteten Daten kann jedoch der Beigebrauch von Tabak, Alkohol oder auch ein Mehrfachgebrauch nicht ausgeschlossen werden, so dass diese Effekte wahrscheinlich nicht alleine auf die Einnahme von Cannabis zurückzuführen sind, da Teilnehmerinnen mit Mehrfachgebrauch (z.B. gleichzeitige Einnahme von anderen Substanzen, Alkohol, Nikotin, usw.) nicht von der Studie ausgeschlossen wurden.
In der Literatur wird außerdem beschrieben, dass die Wahrscheinlichkeit für Entwicklungs- oder Angststörungen bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft Cannabis konsumiert hat, höher ist (Rompala et al.). Sowohl der medizinische als auch der Freizeitgebrauch von Cannabis nach einer Legalisierung ist nach heutigen Erkenntnissen nicht empfohlen.
Cannabisrisiken für Jugendliche
Der Konsum von nicht-medizinischem Cannabis bei Jugendlichen und Heranwachsenden ist kritisch zu sehen. Nicht nur kann eine unkontrollierte Einnahme von Cannabis mit hohen THC-Anteilen, zu Rauschzuständen führen, eine australische Studie hat gezeigt, dass das Risiko für Angstzustände und negative Einflüsse auf die mentale Gesundheit bei Teenagern, in dieser Studie bei jungen Frauen, bei täglichen Gebrauch verfünffacht (Patton et al).
Wer kann von einer Cannabis-Therapie profitieren?
Mögliche positive Effekte bei verantwortungsvollem Gebrauch
Der kontrollierte Konsum von Cannabis, insbesondere wenn er von einem Arzt im Rahmen einer Therapie verschrieben wird, birgt potentiell weniger Risiken als der unkontrollierte Freizeitkonsum.
Reines CBD zum Beispiel ist unter anderem auch als verschreibungspflichtiges Medikament (Epiduolex®) für eine bestimmte Epilepsieform bereits für Kinder ab 2 Jahren zugelassen.
Der ärztlich begleitete Einsatz von Cannabis kann zur Linderung bestimmter gesundheitlicher Beschwerden beitragen, sofern er unter professioneller Aufsicht erfolgt. Dieser kontrollierte Ansatz minimiert die Gefahr von kognitiven Beeinträchtigungen, Atemwegsproblemen und der Entwicklung einer Abhängigkeit, die bei spontanem und unreguliertem Konsum auftreten können.
Ein auf Cannabis spezialisierter Arzt sucht die für Beschwerden am besten geeigneten Cannabissorten aus. Hierbei entscheidet dieser sowohl über die Wirkstärke, das Verhältnis an Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol, als auch das Terpenprofil und wählt eine entsprechende Sorte für den Patienten aus.
Ziel der medizinischen Cannabis-Anwendung unter ärztlicher Kontrolle ist immer, die Nebenwirkungen von Cannabis und Risiken so minimal wie möglich zu halten und gleichzeitig eine bestmögliche Linderung von Symptomen und Krankheitsbeschwerden zu erreichen.
Fazit: Ist Cannabis gefährlich?
Die Anwendung von Cannabisproduken auch im Rahmen einer medizinischen Behandlung, ist nicht in jedem Fall nebenwirkungs- und risikofrei.
Die Einnahme von nicht-medizinischem Cannabis birgt in Hinblick auf Erfahrungswerte veröffentlichter Studien höhere Risiken, da jegliche Kontrolle der Einnahmemenge und Dauer fehlen. Das Auftreten von Abhängigkeiten, kognitive oder psychische Beschwerden, aber auch Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen, hängt von der Dauer, Menge und Produktqualität der nicht-medizinischen Einnahme ab und lässt sich durch die fehlende ärztliche Betreuung schwerer einschätzen.
Aus diesem Grund empfiehlt sich eine ärztlich begleitete Cannabiseinnahme, um sowohl Gesundheitsrisiken als auch eine Suchtgefahr zu minimieren und eine Therapie gegebenenfalls entsprechend anzupassen. So lässt sich die Einnahme von Cannabis am sichersten gestalten.
Quellen:
- Sind Nutzhanf-/CBD-Produkte aus betäubungsmittelrechtlicher Sicht verkehrsfähig? https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/_FAQ/Cannabis/faq-liste.html?cms_fid=566334#sprg_566334
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- Wang, X., Derakhshandeh, R., Liu, J., Narayan, S., Nabavizadeh, P., Le, S., Danforth, O. M., Pinnamaneni, K., Rodriguez, H.J., Luu, E., Sievers, R. E., Schick, S. F., Glantz, S. A., Springer, M. L.: One Minute of Marijuana Secondhand Smoke Exposure Substantially Impairs Vascular Endothelial Function. J Am Heart Assoc., 5(8):e003858. (2016). https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27464788/
- Lev-Ran S, Roerecke M, Le Foll B, George TP, McKenzie K, Rehm J. The association between cannabis use and depression: a systematic review and meta-analysis of longitudinal studies. Psychol Med. 2014 Mar;44(4):797-810. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23795762/
- Rup J, Freeman TP, Perlman C, Hammond D. Cannabis and mental health: Prevalence of use and modes of cannabis administration by mental health status. Addict Behav. 2021 Oct;121:106991.https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34087766/
- Hall, Wayne & Degenhardt, Louisa & Lynskey, Michael. (2001). The Health and Psychological Effects of Cannabis Use. National Drug Strategy. Monograph Series, 44(2). https://www.researchgate.net/publication/43493718_The_Health_and_Psychological_Effects_of_Cannabis_Use
- Patton GC, Coffey C, Carlin JB, Degenhardt L, Lynskey M, Hall W. Cannabis use and mental health in young people: cohort study. BMJ. 2002 Nov 23;325(7374):1195-8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC135489/
- Substanzgebrauch während der Schwangerschaft und seine Folgen für Mutter und Kind – Fokus Cannabis (Pilotprojekt CaSCH-T1) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/details/substanzgebrauch-waehrend-der-schwangerschaft-und-seine-folgen-fuer-mutter-und-kind-fokus-cannabis-pilotprojekt-casch-t1
- Rompala G, Nomura Y, Hurd YL. Maternal cannabis use is associated with suppression of immune gene networks in placenta and increased anxiety phenotypes in offspring. Proc Natl Acad Sci U S A. 2021 Nov 23;118(47):e2106115118. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34782458/